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Fürst Anton Florian: Kein optimaler Start



Die Sache war vor mehr als 300 Jahren verzwickt. Fürst Johann Adam Andreas I. – genannt «der Reiche» – verstarb 1712 kurz nach dem Kauf der Grafschaft Vaduz. In seinem Testament bedachte er als seinen Nachfolger den noch minderjährigen Josef Wenzel, was zur Folge hatte, dass dessen Vormünder für ihn regierten. Als Familienoberhaupt des Hauses Liechtenstein (Majoratsherr) fungierte Anton Florian. Es kam zu Erbstreitigkeiten innerhalb der Familie. Beigelegt wurde dieser Streit 1718, als Anton Florian seine Herrschaft Rumburg gegen die reichsunmittelbaren Güter Vaduz und Schellenberg mit Josef Wenzel tauschte. Er verleibte die Herrschaft Schellenberg und die Grafschaft Vaduz in den unverkäuflichen Familienbesitz – dem sogenannten Majorat –, der immer Eigentum des Familienoberhauptes bleiben muss.

Damit war der Weg für Anton Florian frei. Der erste Fürst in der Geschichte des heutigen Fürstentums Liechtenstein wurde am 28. Mai 1656 auf Schloss Wilfersdorf geboren. Anton Florian wurde schon sehr früh auf die Übernahme von politischen Funktionen am Hofe des Kaisers vorbereitet. 1693 wurde er nach mehreren Stationen und Aufgaben am Hof mit der Erziehung Erzherzog Karls, des späteren Kaisers Karl VI., betraut und zu dessen Obersthofmeister bestellt. Diese Verbindung und der politische Einfluss Anton Florians am Wiener Hof war entscheidend dafür, dass das heutige Liechtenstein in diesem Jahr seinen 300. Geburtstag feiern kann.

«Hochfahrender und zu Cholerik neigender Mann»
Zwar hatte ihm Kaiser Karl VI. schon 1713 Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat zuerkannt, doch war diese Auszeichnung nur auf die eigene Person beschränkt. Dies änderte sich erst mit dem Erwerb von Schellenberg und Vaduz. Am 23. Januar 1719 erhob Kaiser Karl VI. die beiden Landschaften zum unmittelbaren Reichsfürstentum Liechtenstein. Herbert Haupt schreibt dazu im Historischen Lexikon des Fürstentums Liechtenstein: «Das Bemühen von vier Generationen war damit endlich zum erfolgreichen Abschluss gekommen. Die Erhebung in den Reichsfürstenstand bedeutete eine schon längst fällige Rangerhöhung auch innerhalb der höfischen Gesellschaft. Anton Florian, den zeitgenössische Berichte als hochfahrenden und zur Cholerik neigenden Mann charakterisierten, hatte, wenn auch mit schwindender politischer Bedeutung, das Amt des Obersthofmeisters bis zu seinem Tod am 11.10.1721 inne.»

Das heutige Liechtenstein – das 1719 nur etwa 3000 Einwohner hatte – wurde zum 343. Staat des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Die Freude der Bevölkerung über die Vereinigung und den neuen Regenten Anton hielt sich in Grenzen. Das Volk hatte aber in diesen absolutistischen Zeiten kein Mitspracherecht. Die grösste Sorge war, dass man die althergebrachten Rechte und Freiheiten behalten konnte. Dieses Versprechen wurde von den Untertanen auch bei der Huldigung am 5. September 1718 in Vaduz von den fürstlichen Vertretern einfordert, bevor der Eid geleistet wurde.

Radikale Änderungen und schwere Konflikte
Doch Fürst Anton Florian brach dieses Versprechen. Er schickte einen Kommissär ins Land, der die Verwaltung ordnen sollte. Die Folge waren radikale Änderungen in der Landesverfassung und schwere Konflikte zwischen den fürstlichen Beamten und dem Volk. So heisst es im Lehrmittel «Fürst und Volk»: «Der Fürst verbot nicht nur das ‹abscheuliche Tabaktrinken› – das Rauchen – bei schwerer Busse, sondern erliess auch weitere Verbote. Der Novalzehnt, den die Geistlichen bisher bezogen hatten, wurde für herrschaftliches Einkommen erklärt und mit Härte eingetrieben. Die Geistlichen riefen den Bischof von Chur an, der darauf die fürstlichen Beamten mit Exkommunikation und Kirchenbann belegte. Das Volk half den Geistlichen; als in Triesen der Landvogt zur Eintreibung des Zehnten erschien, läutete man Sturm und bewaffnete sich, um ihn zu vertreiben. Fürst Anton Florian, streitgewohnt, blieb hart und belegte alle Güter des Klosters St. Luzi von Chur in Liechtenstein mit Beschlag und drohte allen, die dem Bischof und der Geistlichkeit halfen, Strafen an Leib und Leben an. Der österreichische Kaiser schlichtete schliesslich den Streit zwischen Fürst und Untertanen.» Am meisten getroffen hat die Bevölkerung aber die Abschaffung der alten Landammanverfassung. Die zwei Landschaften mit Landammann und Gericht wurden abgeschafft. Anton Florian teilte das Land in sechs Ämter ein. So bildete etwa Vaduz, Schaan und Planken ein Amt. «In jedem Amt setzte das Oberamt einen Amtmann ein, der die Befehle des Oberamtes zu vollziehen hatte. Das Volk geriet in grosse Aufregung, da die fürstlichen Versprechen nicht mehr eingehalten wurden. Fürst Anton Florian machte sich mit seiner absolutistischen Verwaltungsreform beim Volk nicht beliebt», heisst es dazu im Staatskundebuch weiter. Gesamthaft betrachtet war es weder für den Fürsten und noch weniger für das Volk ein optimaler Start in die 300-jährige Geschichte. Fürst Anton Florian starb am 11. Oktober 1721 in Wien, ohne dass er jemals in Liechtenstein war.

Quelle Text: Patrik Schädler
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